Pressemitteilung vom 06.12.2012
Deutschland- ein Hartz-IV-Märchen
Zehn Tage nach der Beendigung des Sanktionshungerns von Ralph Boes ist ein gewaltiger Wirbel um die Frage nach den Sanktionen entstanden. Während das Elend der Betroffenen immer deutlicher wird, propagieren Politiker das Märchen vom angenehmen Hartz-IV-Bezug. Das erzürnt das Gerechtigkeitsempfinden der arbeitenden Bevölkerung.
Heinrich Alt (Vorstand der Bundesagentur für Arbeit) beginnt in der Sendung „Menschen bei Maischberger“ vom 04.12.2012 mit einem freudschen Versprecher: „Ich will mal ein paar Irrtümer vorwegschicken…“. In Seelenruhe führt er nun aus, dass es in Deutschland keine Obdachlosen gibt, niemand in Hartz-IV verhungert oder seine Krankenkasse verliert. Herr Söder (bayrischer Finanzminister der CSU) verweist zudem auf die Wirtschaftlichkeit des Hartz-IV-Systems und fabuliert über die geringe Arbeitslosigkeit. Damit ist das Märchen von Hartz-IV fein erzählt.
Dabei hat doch niemand bezweifelt, dass Hartz-IV der Wirtschaft dient. Wer weiß, dass Hartz-IV ein reines Unternehmersubventionsprogramm ist, da es Menschen in Niedriglöhne treibt, kann sich ausrechnen, dass das der Wirtschaft entgegen kommt. Für die Menschen war Hartz-IV schließlich nie gedacht!
Passend zum proklamierten Aufschwung, wurde auch schon der deutsche Armutsbericht von der Regierung beschönigt. Die allgemeine Absenkung der Löhne wird jetzt als strukturelle Verbesserung des Arbeitsmarktes dargestellt, um den uns das Ausland beneidet. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer stärker auseinander. Aber diese Tatsache mag man den Menschen nur in der Realität, jedoch nicht schwarz-auf weiß zumuten.
Täglich ereilen uns hingegen erschütternde Berichte von Betroffenen in Hartz-IV. Sie sprechen von Willkür, Machtmissbrauch und Schikanen. Es gibt Todesfälle aufgrund von Stromsperrungen, wenn sich Menschen versuchen, mit einem Stromaggregat zu helfen. Kerzen als letzte Lichtquelle führen zu Bränden. Selbstmorde geschehen aus Verzweiflung. Von welchem Land spricht Herr Alt, wenn er sagt, dass es keine Obdachlosen gibt und niemand hier verhungern muss?
Durch solche infamen Verharmlosungen seitens der Politik wächst der Zorn in der Bevölkerung dramatisch. Die meinungsbildenden Kampagnen des Workfare-Prinzips haben gefruchtet: Es wird gefordert, dass jede staatliche Hilfe nach zwei Jahren einfach entfallen soll. Wer keine Gegenleistung bringt, soll auch keine Hilfe erhalten. Kein Steuerzahler will jemanden „durchfüttern“, der einfach tut, was er will.
Aber was soll mit den Menschen geschehen, die nicht mehr gebraucht werden? Die Menschen, die schon unter dem Begriff der Surplus-Gesellschaft als Überflüssige bezeichnet werden? Wollen wir sie dafür bestrafen, dass der Arbeitsmarkt sie ausgestoßen hat? Wollen wir sie künstlich und zum Schein beschäftigen, weil sie ihre Arbeit nicht mehr gegen Geld verkaufen können? Oder wollen wir sie freistellen, um etwas Sinnvolles zu tun, auch wenn es nicht dem schnöden Mammon dient? Es ist ein menschliches Bedürfnis in der Gesellschaft etwas beizutragen. Wir brauchen keine Angst davor zu haben, dass niemand mehr einen Handschlag tut, wenn er ein Existenzrecht hat. Katja Kipping (Parteivorsitzende der Linken) führt aus, dass nicht nur, was Geld bringt, wertvolle Arbeit sei und dass vor allem Frauen schon heute einen erheblichen Beitrag ehrenamtlich leisten.
Ralph Boes wird unterstellt, dass er die anderen zur Arbeit zwingt, um ihn zu finanzieren. Doch nicht Herr Boes ist es, der hier jemanden zur Arbeit zwingt. Das tun all jene, die ein Existenzrecht an eine Lohnarbeit knüpfen. Das tun die Jobcenter mit Hilfe der Sanktionsandrohungen, gegen die er kämpft.
Ralph Boes setzt sich stattdessen dafür ein, dass jeder das Recht hat, Nein zu sagen. Er fordert ein Recht auf sinnvolle und würdig entlohnte Tätigkeit, die neben der Wirtschaft auch dem Menschen dient. Gegen Hartz-IV klagen kann er nur, wenn er von dem System selbst betroffen ist. Deshalb bleibt er in Hartz-IV, bis die Sanktionen abgeschafft sind.
Das verständlich zu machen, wird wohl noch ein langer Weg.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.grundrechte-brandbrief.de
www.wir-sind-boes.de