Wie geht es Martin?
 
29.05.13
Rückblick von Martin: 
 
  Die Idee des Staffelhungerns war ein erhellender Geistesblitz und ich bin dankbar, dass der Kreis und Ralph diese Aktion aufgenommen haben. Mit dem Neumond am 10.5. habe ich mich darauf mental vorbereitet und konnte den Einstieg am 13.5. innerlich ruhig annehmen. Das gemeinsame Einstehen für fundamentale gesellschaftliche Veränderungsprozesse im Sinne von Beuys „sozialer Plastik“ und ein Gefühl der Verbrüderung mit Ralph haben mich beflügelt mich diesem Wagnis zu stellen, ich habe nie vorher gehungert.
  Im Rückblick bestimmten die ersten drei Tage mit einer ungekannten Müdigkeit meinen Rhythmus. Die neue Langsamkeit blieb mir bis auf den Pfingstsonntag die ganzen zwei Wochen erhalten. Der fast tägliche Kontakt mit Ralph gab mir Sicherheit, negative Magen- oder Darmbeschwerden blieben vollkommen aus. Mein soziales Umfeld hat etwas gelitten und der Vollmondsamstag am 25. Mai zeichnete sich ein Tiefpunkt in meiner Kommunikationsfähigkeit ab. Damit nahm die Vorfreude auf das Essen deutlich zu und auch die Einsicht, dass meine mentale Fragilität mit der körperlichen Schwächung parallel verläuft. Am Montag den 27. Mai war ich entsprechend gut gelaunt als ich Ralph eine Packung Brühwürfel und das fast ungenutzte Glaubersalz zurückgeben konnte. Die Waage zeigte 61,2kg für mein Körpergewicht, ich hatte über fünf Kilogramm abgenommen.
  Das Ergebnis dieser zwei Wochen konnte ich dann in einer rund 30-minütigen Diskussion mit Ralph erleben. Er war vollfröhlich in die Web-Side für seinen Wahlkampf eingestiegen und wir sprachen länger über die Darstellung der Personen in der Maischberger-Sendung. Der agile und wohlgelaunte Ralph war ein wohltuendes „Danke“ für mich, sogar etwas mehr als die Umarmungen, die wir uns fast täglich schenkten.
 
    20.05.2013:
               "Martin" war hier - ist guter Dinge. 
               Bis Ende dieser Woche glaubt er, durchhalten zu können, wie er                sagt.
               8. Tag des Staffelhungerns, Gewicht 62,6 kg
 
18.05.2013
Ralph schreibt auf grundrechte-brandbrief.de:
               "Martin, der Erste"
                war wieder hier. Er kommt jeden Morgen kurz zum Wiegen und                erzählt, wie es ihm mit dem Hungern ergeht.
               Die ersten drei Tage hatte er Zeiten mit großer Müdigkeit                durchzustehen - teils hat es ihn auch sehr gefroren. Jetzt scheint                er damit aber "durch" zu sein und es geht ihm wieder gut. Sein                Gewicht ist von 66,0 kg auf 63,3 kg gesunken.
 
17.05.13
Die ersten drei Tage war er sehr müde. Ab heute hat er das Gefühl, über den Berg zu sein.
 
Wer ist Martin?
Martin (Pseudonym) hungert seit dem 13.05.13 an Stelle von Ralph Boes.
 
Als Ökonom und langjähriger Angestellter in der  Automobilindustrie kennt der 56-jährige sich bestens mit den  Verhältnissen in Großunternehmen aus. Als promovierter Soziologe sieht  er sich in der Verantwortung, ethische Fragen in der Gesellschaft  aufzuwerfen. Nicht als politischer Kämpfer, sondern als Teil einer  sozialen Plastik im Sinne von Beuys lehnt er persönliche Konkurrenz am  Arbeitsmarkt ab. „Ökonomische Studien zeigen bereits seit einigen  Jahren, dass mehr als eine 20 Stundenwoche für die gesamte westliche  Wirtschaftswelt nicht darstellbar ist, wenn alle arbeitsfähigen Menschen  beteiligt werden sollen.“ Momentan ist die Arbeitszeit aber extrem  ungleich verteilt. 
 Martin lebt nicht von Hartz-IV. Diesem  Antragsstress und dem „Ton auf dem Amt“ fühlte er sich nicht gewachsen.  Deshalb lebt er mit Unterstützung von Freunden und Verwandten. Eine  bescheidene Lebensform, eine „lebendige soziale Plastik“ erscheint ihm  wertvoller als ein Kampf um Einkommen. Deshalb möchte er sich mit Ralph  Boes verbrüdern und die Aktion stützen. Ein Teil seines Geldes, das er  beim Hungern einspart übergibt er Ralph, damit dieser erst mal wieder  Essen kann.
Ein Limit hat der schlanke Mann  sich gesetzt: Nach 6 Kilo Gewichtsverlust möchte er den Staffelstab  spätestens weiter reichen. In dieser Zeit möchte er sich etwas  zurückziehen.
In der Öffentlichkeit möchte er anynom bleiben, um in der Hungerzeit ganz bei sich bleiben zu können.